"Du sollst überhaupt nichts einstufen Junge. Am besten gehst du wieder nach Hause zu deiner Mutter."

Keros wandte sich nun langsam Shargath zu.

"Also, was hat das jetzt zu bedeuten Shargath?"

Letzterer schien allerdings immernoch nicht gewillt zu sein, sich in dieses Gespräch einzumischen.

Gilldor hatte immer mehr Mühe an sich zu halten. Er zischte förmlich seine Antwort:

"Meine Mutter ist für mich gestorben und das schon vor Jahren! Und ich habe nicht die Absicht mich herumkommandieren zu lassen von einem Mann, der nicht einmal seinen Namen nennt so wie es der Anstand gebietet! Aber davon scheinst du eh nicht viel zu verstehen. Ich frage mich was Shargath an dir findet. Es ist gewiss nicht deine Kooperationsbereitschaft oder die Selbstkontrolle."

Er funkelte Keros herausfordernd an und lächelte dabei. Sein Selbstbewusstsein war zurück gekehrt und sein Stolz ebenso. Er war es leid sich herumschubsen zu lassen wie ein Kind, das er nicht mehr war.

Ein kaltes Lächeln ohne jede Fröhlichkeit erschien auf Keros Lippen.

"Du solltest dir erstmal den Unterschied zwischen etwas verstehen und etwas anwenden klar machen bevor du solche Sprüche los lässt."

Er hatte es wohl aufgegeben Shargath zum Antworten zu bewegen und wandte sich wieder Gilldor zu.

"Und was Shargath und mich angeht solltest du dich da besser nicht einmischen oder du wirst wie eine Fliege zwischen Hammer und Amboss zerquetscht, kleiner."

Gilldors Händen verkrampften sich zu Fäusten und die Reste des Fürhstücks auf dem Teller fingen an zu dampfen. Seine Wut wuchs im selben Maße wie der Stolz versuchte weiterhin die Oberhand zu behalten. Nur mühsam konnte er sich beherrschen. Zähneknirschend antwortete er:

"Und du solltest aufhören mich zu provozieren, wenn du nicht als Aschehaufen enden willst. Ich denke Shargath weiß was ich meine."

Mit einem Knall explodierte der Apfel, der auf dem Teller gelegen hatte und die dampfenden Einzelteiler verteilten sich über den ganzen Tisch, auch in Keros Richtung.

Shargath hob dabei kurz die freie Hand und schoß einige hauchdünne Eisnadeln auf die Einzelteile die auf ihn zuflogen und pinnte sie an den Tisch, wo die Nadeln kurz darauf schmolzen.

"Ich denke die Herren haben sich lange genug angegiftet. Keros, setz dich wieder"

Dieser war nämlich aufgesprungen nachdem die dampfenden Apfelstücke ihn kalt... oder eher heiß erwischt hatten.
Shargath Stimme war zwar ruhig, seine Augen jedoch blitzten warnend. Die beiden waren zu weit gegangen, sie gefährdeten ihre Mission, jetzt musste er etwas unternehmen.
Keros jedoch schien nicht im geringsten daran interessiert zu sein sich wieder hinzusetzen. Er meinte mit drohenden Unterton:

"Das wirst du mir büßen, Kleiner. Du..."

Weiter jedoch kam er nicht, er erstarrte kurz mit starren Blick bevor er auf den Stuhl zurücksank als würden seine Beine nachgeben. Erst kurz bevor er drohte auch noch vom Stuhl zu fallen schien sich die Starre zu lösen und er vermochte sich noch am Tisch festzuhalten. Mit zornerfülltem Blicke wandte er sich gen Shargath der seinen weißen Stab auf Keros gerichtet hatte. Der vormals reine Diamant in der Spitze jedoch schien von Dunkelheit gefüllt zu sein in der ein unheilvolles rotes Licht glimmte. Jedoch schien die Dunkelheit samt Glimmen schnell zu verschwinden nachdem Keros sich wieder bewegen konnte.

Nun war es Shargath der sprach, noch immer mit ernster und ruhiger Stimme. Nun allerdings hatte sich ein eindeutig befehlender und vor allem befehlsgewohnter Ton dazugesellt.

"Ich sagte es reicht meine Herren. Ihr benehmt euch wie kleine Kinder. Beruhigt euch! Ihr erregt bereits Aufmerksamkeit, die keiner von uns gebrauchen kann verstanden?"

Tatsächlich hatten sich die 3 anderen Gäste zu ihnen umgedreht, und auch der Wirt blickte mit sorgenvollem Gesicht zu ihrem Tisch. Lediglich Keros Körper verhinderte das sie die Schwärze im Diamant an Shargath Stab sahen. Diese war inzwischen wieder verschwunden sodass es wie ein ganz normaler Edelstein aussah.

Die Schattenstarre hat sich für Shargath mal wieder als äußerst nützlich erwiesen...

Gilldor betrachtete sie Szene mit einem Lächeln, dass einerseits seine hämische Freude ausdrückte, aber auch dazu diente um die in ihm aufkeimende Angst zu überspielen. Dieser Shargath war gefährlich. Das hatte er schon von Anfang an gewusst, doch nun hatte er es gerade demonstriert.

Um nicht noch mehr Unheil anzurichten, verbarg der Junge seine Hände unter dem Tisch und schob sie unter seine Schenkel. Er bereute es den Apfel zum Explodieren gebracht zu haben, andererseits hätte er zu gern gesehen wie er in Keros' Gesicht gelandet wäre. Seine Drohung belustigte ihn nur. Man hatte ihn in seinem Leben schon so oft Konsquenzen angedroht gehabt, dass er nur noch lächeln konnte.

"Ich denke wir haben uns nun zu Genüge kennen gelernt...", bemerkte er nachdem es eine ganze Weile Schweigen in dem Schankraum gegeben hatte. Die Stille hatte etwas Beunruhigendes und er war froh, als sich alle wieder umdrehten oder sich wieder ihrem Tagesgeschäft widmeten.

Keros Augen blitzten zwischen den beiden anderen hin und her, es war nur schwer zu erkennen wen er mehr verabscheute. Jedoch war es Shargath der nun das Wort ergriff.

"Nun, damit wäre das ja geklärt. Du weißt was du zu tun hast Keros. Wir werden jetzt kurz zu den anderen gehen."

Ohne eine Antwort abzuwarten erhob Shargath sich und bedeute Gilldor ihm zu folgen. Er ging in Richtung Treppe wobei die restlichen Gäste es vermieden ihn anzusehen. Es war ihnen vielleicht nicht ganz klar was genau vorgefallen war, doch ein knapp 2 Schritt großer Mann kurz vor dem Wutanfall klappte mal nicht einfach so zusammen.

Der junge Magier erhob sich ein wenig steif. Der Zwist zwischen ihm und Keros war nicht spurlos an ihm vorrüber gegangen.

Als sie die Treppen hoch gingen, hielt er sich an dem Geländer fest so als fürchtete er bei jedem Schritt nach hinten zu kippen. Er war froh als sie den obersten Treppenabsatz erreichten.

Schweigend führte Shargath Gilldor zum Zimmer der kleinen Gruppe, in dem sich momentan Telgar und die Zwillinge aufhielten. Ersterer schien soeben dabei zu seine Unmengen an Taschen und deren Inhalt zu ordnen. Er warf Gilldor lediglich einen kurzen desinteressierten Blick zu bevor er sich wieder seinen Utensilien und Reagenzien widmete.
Die Zwillinge standen in der Nähe der Türe und hatten sich bis eben noch unterhalten, nun behielten sie wachsam den Neuankömmling hinter Shargath im Auge, die Hände am Schwertknauf.
Sorgfältig schloss Shargath die Tür hinter Gilldor und nickte kurz in Richtung Telgar.
"Das ist Telgar. Er ist nicht sonderlich gesprächig, aber mit ihm anlegen solltest du dich nicht... Sonst wachst du am nächsten Morgen auf und weißt vielleicht nicht mehr wer, was und wo du bist."
Als nächstes deutete er gen der Zwillinge.
"Das sind Tarik und Tardan. Und die Schwerter tragen sie nicht nur zur schau..."

Damit schien er die Vorstellung für Gilldor für beendet zu halten und wandte sich gen der 3 anderen.
"Meine Herren, dies ist Gilldor. Er wird uns von nun an begleiten. Seines Zeichens Feuermagier mit gewissen Problemen was seine Selbstkontrolle angeht. Unter anderem"

Shargath Stimme klang ruhig und distanziert. Die anderen nahmen das gesagte mit kurzem Nicken zur Kentniss, hielten es aber nicht für notwendig etwas zu erwiedern.

Gilldor wusste nicht recht was er von der Begegnung halten sollte. Er fühlte sich reichlich deplatziert und schloß nervös die Hände zu Fäusten. Um einer Antwort zu entgehen, nickte er nur hastig zu Shargath' Worten, auch wenn er nicht mit dem Gesagten übereinstimmte.

Misstrauisch beäugte er die drei Männer und auch er griff unwillkürlich an den Griff seiner eigenen Waffe, auch wenn er wohl kaum eine Chance hatte gegen die Zwillinge. Aber es gab ihm ein gewisses Gefühl der Sicherheit. Schweigend blieb er an der Tür stehen und war bereit abzuwarten was weiter passieren würde.

Nachdem das geklärt war, wandte sich Shargath wieder zum gehen.
"Die Herren wissen was sie zu tun haben."

Er bedeutete Gilldor ihm zu folgen und ging wieder gen Schankraum.

Immer noch stumm folgte der junge Halbelf dem Magier wieder nach unten. Ihm war nicht wirklich klar was das alles zu bedeuten hatte, aber er brachte auch nicht wirklich den Mut auf zu fragen. Also folgte er nur wie ein Hund seinem Herrchen.

Schweigend durchquerte er den Schankraum und trat auf die Straße hinaus. Es würde noch eine Weile dauern bevor es sich lohnte in die andere Taverne zu gehen um sich umzuhören. Zeit die er zu nutzen gedachte.
Mit zielsicherem Schritt wandte er sich gen Schneiderei. Der kleine musste erstmal anständig angezogen werden wenn er nicht auffallen wollte wie ein bunter Hund. Die Narbe war da schon schwer genug.
"Schonmal anständige Kleidung gehabt?"

Gilldro zuckte zusammen als Shargath ihn ohne Vorwarnung ansprach. Er hatte nicht damit gerechnet und ihm nur gehorsam gefolgt.

"Ich... ähm... nein!", brachte er verschreckt als Antwort hervor und blieb unvermittelt stehen. Alle Kleidung, die er je besessen hatte, war abgetragen gewesen und etliche Male geflickt worden. Seinen Eltern war er stets egal gewesen und das hatten sie ihn immer wieder spüren lassen. In der Magerakademie hatte er nur geliehene Roben besessen, die auch allesamt schon vielen Schülern vor ihm gehört hatten.

Shargath seufzte innerlich. Er hatte es allerdings auch nicht anders erwartet.
"Dann solltest du dich besser daran gewöhnen."

Mit den Worten betrat er die Schneiderei und wandte sich zielsicher gen dem kleinem Tresen an dem die Schülerin der Schneiderin saß. Von jener war nämlich keine Spur zu sehen.
Diese starrte ihn einen moment lang an, schaute dann kurz zu Gilldor der ihr allerdings nicht weniger fremdartig und gefährlich erschien als Shargath, bevor sie den Blick senkte und leise sprach.
"Ihr Gewand wird wohl erst morgen fertig..."

Shargath rollte innerlich mit den Augen. Wie konnte jemand mit so wenig Selbstvertrauen überhaupt überleben... aber nun gut, das hier waren auch nicht die verdorbenen Lande. Beim sprechen versuchte er möglichst ruhig und unbedrohlich zu klingen, eine verschreckte Schneiderin konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen.
"Das ist gut zu wissen, allerdings braucht mein Begleiter hier ebenfalls eine neue und vor allem vorzeigbare Gewandung."

Gilldor versuchte den Blick des Mädchens einzufangen. Endlich einmal ein freundliches Gesicht..., dachte er sich und lächelte sie an. Es schmerzte ihn innerlich als sie den Blick senkte und seine Hand wanderte unwillkürlich zu der Narbe in seinem Gesicht. Er hasste sie, hatte sie ihm doch nur Ärger bisher eingehandelt. Aber noch mehr verabscheute er die Männer, die sie ihm zugefügt hatten. Erneut begann die Wut in ihm zu brodeln und es fiel ihm schwer nicht die Kontrolle zu verlieren. Er wollte das junge Mädchen nicht noch mehr verschrecken als sie es eh schon war.

"Ich brauche ein Hemd und eine Hose.", fügte er zu Shargath' Worten hinzu. Er wollte bloß keine Robe haben. Die erinnerten ihn an seine Zeit in der Magierakademie.

Schüchtern stand die kleine auf und wandte sich gen Hinterzimmer.
"Folgt mir bitte..."

Shargath ging ihr daraufhin auch langsam hinterher. Das würde nun wohl etwas dauern. Es schien als wäre seine Vorstellung von vorzeigbar deutlich unterschiedlich zu Gilldors.
Nun, damit würde er auch noch fertig werden.

Im Hinterzimmer hatte die Schülerin der alten Schneiderin wohl bereits mitgeteilt worum es ging, denn diese hohlte soeben das alte aber noch funktionstüchtige Maßband hervor und wandte sich gen Gilldor.
"Dann fangen wir mal an mein Junge"

Im Gegensatz zu ihrer Schülerin schien sich die Schneiderin weder von Shargath noch von Gilldors Äußeren stören zu lassen sondern begann sofort mit der langwierigen Prozedur des Maßnehmens.

Gilldor war es unangenehm als die Alte an ihm herumzog und ihm das Maßband an wirklich jeden Teil seines Körpers hielt. Vor allem als sie die Maße der Innenseite seiner Beine nahm, lief er rot an und wollte am liebsten im Boden versinken. Unsicher suchte er den Blick der Schülerin. Sie schien ihm freundlich gesinnt zu sein. Allerdings hatte sie zu viel Angst vor Shargath.

Shargath hingegen hatte die Schülerin an den Rand seiner Wahrnehmung gedrängt, was in etwa bedeutete, solange sie sich weiterhin schüchtern in einer Ecke des Zimmers aufhielt ohne einen Ton von sich zu geben schenkte sein Verstand ihr keinerlei beachtung.
Geduldig verfolgte er das Maßnehmen an Gilldor. Dabei lehnte er so an einer Wand das er einerseits das Vorankommen der Schneiderin sah, andererseits auch die Tür im Auge hatte.
Nachdem Besagte die Prozedur vollendet hatte wandte sie sich gen Gilldor.
"Hemd und Hose soll es sein, ja?"

Die alte Schneiderin klang freundlich und herzlich, vielleicht schon etwas großmütterlich.
"Und ich nehme an das es auch recht vornehm werden soll. Zumindest euer Begleiter hatte dahingehend sehr genaue Vorstellungen."

Bei den Worten warf sie einen schwer zu deutenden Blick gen Shargath. Dieser meinte daraufhin.
"Ich denke Ihr werdet etwas anständiges finden."

Gilldor nickte nur stumm. Er war durch Shargath' Anwesenheit völlig eingeschüchtert. Sonst war er nicht auf den Mund gefallen, aber seit dem vorigen Abend war er ein Anderer. Gern hätte er sich bedankt bei der Frau, aber er wagte es nicht etwas zu sagen und lächelte nur scheu.

Shargath rollte innerlich mit den Augen.
"Es sollte vornehm genug sein um sich auch in Gesellschaft darin zu zeigen, andererseits auch angenehm genug zu tragen um darin zu Reisen, wir haben noch einen recht weiten Weg vor uns. Ein dunkles rot würde ganz gut zu ihm passen."

Wenn nicht bald jemand etwas tat würden sie heute abend noch hier stehen... Und das hatte Shargath nicht vor.

Die Schneiderin gab ein leises "mhm" von sich während sie Gilldor eine Weile nachdenklich betrachtete und wohl im Geiste verschiedene Zusammensetzungen und Schnittmuster für Kleidung durchging.

Gilldor schüttelte den Kopf. "Ich mag kein Rot. Ginge nicht auch ein Schwarz? Eine schwarze Hose und ein weißes Hemd.", erwiderte er und fand sein Selbstbewusstsein wieder. Shargath war nicht sein Vater. Er sollte sich nicht einbilden über ihn bestimmen zu können.

"Schwarz und weiß... Ja ich glaube das würde gut aussehen... Gut so machen wir das."
Die Schneiderin nickte als hätte sie einen Entschluss gefasst.
"Ja ja, schwarz und weiß. Das wird gut passen. Es könnte allerdings etwas dauern, die Herren"
Dabei nickte sie gen Shargath,
"Haben einige recht aufwendige Bestellungen abgegeben. 2 vielleicht 3 Tagen dann kannst du es abholen wenn du keinen weiteren Wünsche hast."

Shargath jedenfalls schien nichts mehr anmerken zu wollen.

Gilldor war froh den Mund aufgemacht zu haben und er lächelte triumphierend. Sein Blick suchte den Shargaths. Auch wer schien zufrieden... vorerst.

"Und wie viel kostet es insgesamt?", fragte er schließlich in den Raum hinein und richtete seine Kleider, die durch das Vermessen verrutscht waren.

Nachdenklich betrachtete die Schneiderin die Stoffe die sie wohl verwenden würde, dann die Maße die sie genommen hatte und machte sich mit angestrengtem Gesichtsausdruck ans Kopfrechnen, wohl nicht einer ihrer Stärken. Glücklicherweise kam ihr Shargath zu hilfe.

"Nehmt einfach dasselbe wie für unsere Gewänder und setzt es auf unsere Rechnung."
Wollte die Schneiderin erst noch überrascht einspruch erheben, immerhin waren alle Gewänder deutlich aufwendiger, und damit teurer, als Hemd und Hose, brachte sie Shargath warnender Gesichtsausdruck dann zum Schweigen. Er schien ihre Kopfrechenkünste wohl bereits am eigenen Leib erfahren zu haben.

"Na gut, damit hätte sich das wohl erledigt junger Mann."
Damit wandte sich die Schneiderin wieder gen Gilldor und lächelte freundlich. Immerhin hatte sie soeben ein weiteres gutes geschäft gemacht.