"Das liegt vermutlich daran, dass ihr oft Dinge von oben herab seht," meinte Viënecyl. "Wenn ich plötzlich fliegen könnte, wäre es etwas neues und besonderes. - Vermutlich ginge es euch so, wenn ihr in die großen Wälder ginget. Dort könntet ihr vermutlich kaum filegen, denn die Bäume stehen meist zu dicht. - Es wäre etwas neues für euch." Anscheinend hatte sie recht entschieden nicht nach dem Flügel zu fragen. Das Gespräch schien ihr nun etwas gelockerter.
Sie fuhr mit dem Finger der Maserung der zerkratzten Holzplatte des Tisches nach.
"Ich habe schon mit anderen eures Volkes gesprochen. Manche scheinen mir viel aufs Fliegen zu halten. Einer wurde es nicht müde mir zu beschreiben wie die Stadt in der wir uns befanden von oben aussieht. Außerdem ging er kaum zehn Schritte, sondern schwang sich wo nur möglich in die Luft." Sie wagte nicht den Blick zu heben. Hoffentlich verstand Maledicta das nun nicht falsch, dass sie andere Aviacarim angesprochen hatte.

Maledicta musterte die Elfe, sie war also eine von den Waldelfen. „Ich würde mich eingeengt und unwohl fühlen, denn ich brauche den Wind zum Atmen. Wenn ich keine Möglichkeit zum Fliegen habe, fehlt einfach etwas.“ Die Geflügelte strich sich eine Strähne aus dem Gesicht. Ihre Augen verfinsterten sich als die Elfe ihr Volk erwähnte. Bis auf Lucitudas hatte sie schließlich nur Verachtung von ihnen erfahren. Ihre Augen, die in der Dunkelheit pechschwarz wirkten, musterten Viënecyl finster, diese hatte ihren Blick auf die Tischplatte gerichtet. „Viele Aviacarim sind so, wie ihr diese eine Person beschreibt. Schließlich gibt es an den meisten Orten in meiner Heimat kaum Treppen. Wenn man für eine Zeit nicht fliegen kann, ist man an einen Platz gebunden.“ Ihre Stimme war bitter, sie erinnerte sich noch gut daran, wie es war, als sie sich ihren Flügel verbrannt hatte.

"Es ist ja nicht so, dass im Wald kein Wind wehen würde... Aber ich verstehe was ihr meint. Mir ging es so als ich das erste Mal in eine Stadt kam. - Die Menschen leben so verschieden von uns, dass es mir schwer fiel mich zurecht zu finden. Zumal mir auch der Umgang mit Geld völlig fremd war."
Nun, das war nun schon etwas länger her und sie hatte sich daran gewöhnt. Es waren inzwischen wohl über 2000 Jahre vergangen. Doch zählte sie nur die verstreichenden, seit sie lebte, nicht wie lange es her war seid sie den Wald verlassen hatte. Oh war sie damals doch noch jung und naiv gewesen! Immerhin hatte sie dem Rat folge geleistet und Kämpfen gelernt. Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie an ihren damaligen Lehrmeister denken musste. Sie hatte nicht verstanden, was er von ihr gewollt hatte. Heute wusste sie es, doch war er weit fort. Sie glaubte auch nicht, dass er den Wald je für längere Zeit verlassen würde.

„Ich denke aber einfach – obwohl ich es aus eigener Erfahrung nicht bestätigen kann – dass dort nur eine leichte Brise weht, oder sehe ich das falsch?“, neugierig wartete Maledicta auf eine Antwort. In gewisser Weise interessierte es sie schon und sie würde auch gerne mal in einen Wald gehen, doch sie hatte auch Angst davor. Vielleicht fühlte sie sich dort eingesperrt, und sie würde wenig Platz zum bewegen haben, schließlich passte sie mit ihren Flügeln nicht durch die Stellen, durch die ein normaler Mensch hindurchgehen konnte. Die junge Aviacarim fragte sich, was wohl gerade in der Elfe vorging. Sie schien wieder ein wenig abgelenkt zu sein, aber dann dachte auch sie über alles in Ruhe nach. Der Umgang mit Geld war für sie nicht schwer gewesen, sie gab einfach nur Geld für Dinge aus, die sie wirklich brauchte. Meistens nahm sie auch nur Aufträge an, die ihr ordentliche Einnahmen brachten und so hatte sie bisher noch keine Engpässe gehabt, es war ja auch nicht so, dass sie sich ausruhen würde. Normalerweise erledigte sie jeden Tag ein, wenn nicht sogar zwei, Aufträge. Bei ihren letzten beiden hatte sie aber so viel bekommen, dass sie sich einen, wenn sie Glück hatte sogar zwei, Tage Pause gönnen konnte.

Die Elfe schüttelte den Kopf: "Nicht alle Bereiche der Wälder sind gleich und es gibt ja auch noch einige andere. Manche davon sind lange nicht so dicht wie andere. Und gelegentlich gibt es auch kräftige Winde, besonders in mancher Schneise oder auf den Lichtungen."
Manchmal sehnte sie sich nach der Ruhe des Waldes. Anstatt Baumstämmen, Hecken und Farnen gab es hier Häuser, Menschen und Karren.
"Darf ich euch fragen, welchem Beruf ihr nachgeht?" schnitt sie vorsichtig ein weiteres Thema an. Es interessierte sie doch sehr, was eine Schwarzgeflügelte in Arimanatu machte. Andra hatte die Suche nach einem Lehrer her geführt. Was mochte für Maledicta Anlass gewesen sein her zu kommen?

Auf die Erklärung dass es natürlich auch kräftige Winde in Wäldern gibt, nickte Maledicta nur. Sie konnte es sich trotzdem nicht richtig vorstellen, schließlich war sie starke Böen gewohnt und nicht nur leichte Winde, ihr kam es gar nicht in den Sinn, dass der Wind eine Möglichkeit hatte sich durch die Baumwipfel durchzukämpfen. Auf die Frage nach ihrem Beruf zog sie einen Mundwinkel nach oben. „Ich nehme Botenaufträge an.“ War ja auch irgendwie logisch, die junge Aviacarim hatte auch nichts anderes gelernt und die Aufträge hatte sie meist in kurzer Zeit erledigt. Manchmal würde sie jedoch gerne etwas anderes machen, Wissen hatte sie, doch sie wüsste nicht für was sie geeignet wäre.

"Ah Luftbotin also," Viënecyl nickte dazu. Es schien ihr nur sinnvoll, die Flügel die Aviacarim von den Göttern geschenkt bekommen hatten sinnvoll zu nutzen.
"Und was führt euch gerade hier her? War das so ein Auftrag?" Zum Glück schien Maledicta ihr die Fragen nicht übel zu nehmen. Das erleichterte sie ungemein, alles andere hätte ein Gespräch erschwert.
Ein Schrei gefolgt von Lauten Lachen scholl von einem Tisch voller Leute herüber. Die Elfe zuckte zusammen und verzog kurz das Gesicht. Ohne das sie es bedachte legte sich ihre Hand auf den Schwertgriff. Insgesamt wirkte sie nun recht angespannt, doch ihrem Gesicht war weiter keine Regung mehr zu entnehmen.

„Ich ziehe momentan einfach umher, aber ihr habt richtig erkannt. Mein letzter Auftrag führte mich gerade hier in diese Stadt“ Maledicta lehnte sich ein wenig zurück, sofern ihre Flügel es zuließen. „Und warum seid ihr hier in Arimanatu?“
Bevor die Elfe ihr antworten konnte, schrie jemand auf. Maledictas Hand zuckte in die Richtung ihres Bogens, doch auf den Schrei folgte ein Lachen und so entspannte sie sich teilweise. Auch Viënecyl schien komplett angespannt zu sein. Die junge Aviacarim bemerkte, dass die Hand der Frau auf ihrem Schwertgriff lag, Maledicta verspannte am kompletten Körper und ihre Hand rutschte zu ihrem Dolch den sie an der Hüfte versteckt hielt. Unauffällig zog sie ihn heraus und beobachtete jede Bewegung der Elfe.

Genau so schnell wie sie gekommen war verschwand die Anspannung wieder aus Viënecyls Haltung. Innerlich jedoch blieb ihre Anspannung und sie lauschte nun noch genauer auf jedes Geräusch. Unbehagen machte sich in ihr breit und sie schob den Stuhl ein Stück vom Tisch weg. Die Leute am Tisch tranken Bier und Wein in reichen Mengen. Ihr Beobachter von zuvor saß nun besonders aufrecht und musterte sie erneut. "Würde es euch etwas ausmachen, wenn wir unser Gespräch draußen fortsetzen?" fragte sie.

Die Elfe ihr gegenüber entspannte sich recht schnell wieder und so steckte auch Maledicta unauffällig ihren Dolch zurück. Viënecyl rückte ein Stück vom Tisch weg. Die junge Aviacarim wurde ein wenig unruhig und blickte ebenfalls zu dem Tisch in der Nähe. Ein Mann blickte direkt zu ihrem Tisch hinüber, Maledicta suchte seinen Blick und verengte dann die Augen. Was wollte er von der Elfe? Verwirrt betrachtete die Schwarzgeflügelte Viënecyl, als diese draußen weiterreden wollte. Es war Maledicta deutlich ins Gesicht geschrieben, dass sie diese Idee nicht gerade grandios fand, draußen würden sie deutlich mehr Aufmerksamkeit als von einer Person auf sich ziehen. „Nunja, wenn ihr von mehr als einer Person eingestarrt werden wollt, habe ich da grundsätzlich nicht viel gegen. Immerhin könnten wir uns auf den Straßen nicht unbemerkt bewegen…“ Sie wartete angespannt die Reaktion der Elfe ab, innerlich hoffte sie, sie würden im Gasthaus bleiben, sie würde ihr wohl aber auch nach draußen folgte. Warum, dass wusste sie selber nicht.

"Es geht mir nicht um ihn..." die Elfe machte eine vage Bewegung in Richtung des Mannes der sie ansah. "...sondern um die." Ihre Bewegung galt dem Tisch mit den angetrunkenen Personen. "Ich kann Betrunkene nicht ausstehen und diese dort sind auf dem besten Weg dorthin." Bei diesen Worten klang deutlich ihre Verachtung für die trinkenden Menschen aus ihrer Stimme.
Der Mann verfolgte ihre Bewegungen und als er merkte, dass eine davon ihm galt sah er schnell weg. Leicht amüsiert warf Viënecyl ihm einen Blick zu. "Der würde mir niemals schwierigkeiten bereiten. Dazu hat er schon zu viel von mir kennengelernt. Allein sein Benehmen beweist, dass er sich noch sehr gut daran erinnert."

Mit ihren Augen folgte sie den Bewegungen der Elfe. Sie deutete auf eine Gruppe von Menschen, die an einem Tisch saßen und tranken. Maledicta zuckte mit den Schultern, so was interessierte sie nicht weiter und es war ihr im Grunde auch egal. Doch es war ihr unangenehm das Gasthaus zu verlassen, sie wurde so von jedem angestarrt.
Viënecyl hingegen schien lieber von jedem beobachtet zu werden, als weiterhin in einem Raum mit betrunkenen Menschen zu sein.
Als sie erwähnte dass der Mann sie bereits kennengelernt hatte, zog Maldicta verwundert eine Augenbraue hoch. Was hatte sie mit dem Mann gemacht? Die junge Aviacarim seufzte. Sollte sie der Elfe nach draußen folgen? Warum auch nicht? Schließlich war es bisher ein recht interessantes Gespräch gewesen. „Nun gut, ich folge euch.“ Entschied sie dann schweren Herzens und blickte der Elfe ernst in die Augen.
Sie folgte ihr auf die Straßen.

Viënecyl erwiderte den Blick ohne mit der Wimper zu zucken, dann stand sie auf und strebte der Tür zu. Dabei lag ihre Hand auf dem Schwertgriff, sie wirkte aber dennoch recht entspannt. Ohne sich noch einmal um zu sehen öffnete sie die Tür und verließ das Gasthaus. Doch würde sie wohl nicht weit gehen, da Lir ja irgendwo sein müsste. Sie betrat die Straße und sah sich um.

Nachdem er die beiden ziemlich schnell verloren hatte, hatte Lir bei dem Versuch sie wieder zu finden, sich dummerweise auch noch verloren, als er endlich wieder das Schild des 'Zaubertrunks' in einer Biegung der Straße auf der er sich befand wiedererkannte, war er erleichtert, wieder zurück gefunden zu haben. Er betrat das Lokal und wollte wieder zu Viënecyl stoßen, er erkannte jedoch dass es ihr wohl zu spät geworden war. Also ließ er sich ein Zimmer geben.

Nachdem er gefrühstückt hatte, überlegte er wie er sich sonst noch vorbereiten könnte, doch ihm fiehl nichts ein. Also beschloss er ersteinmal nach Andra zu suchen und später würde er vielleicht nach Viënecyl suche, er hoffte er könnte sich noch verabschieden bevor er aufbrauch, also bezahlte er, ließ allerdings seine Sachen zurück er würde die folgende Nacht auch wieder hier verbingen. Er machte sich auf Andra zu suchen.